07.09. - 28.10.2023

Zuflucht Sehnsucht

Michael Jastram

feinart berlin, Galerie, Berlin, Michael Jastram, Maria Wirth, Ausstellung, Skulptur, Bronze

Die Bronzeskulpturen von Michael Jastram, geboren 1953 in Berlin, zeigen archaisch anmutende Gefährte, Reiterinnen, Krieger, Göttinnen, einsame Treibende. Sie erzählen vom Menschen als ewig Reisendem aber auch von seiner Ratio und schöpferischen Fähigkeit. Technische Erfindungen lassen uns unsere physischen Grenzen überwinden und von Dingen träumen, die noch außer Sicht liegen: Leitern, Treppen, Brücken, ein Boot, ein Radwagen. Diese Ideen sind so uralt wie sie in jedem Menschenleben immer wieder neu entdeckt werden wollen. In diesem Bild liegt auch etwas Schicksalshaftes: der Mensch als Getriebener und Vertriebener.


„Für das Reisen gibt es keinen Ersatz. Zu Hause sind andere die Fremden, unterwegs sind wir es selbst. Zu reisen verlangt, sich einem Risiko auszusetzen, und wir tun es, weil Fremdheit zwar bedrohlich, aber gleichzeitig verlockend ist.“ (Christoph Tannert 2018)


Der künstlerische Kommentar von Michael Jastram zu Gesellschaft und Politik ist nicht provokativ, nicht reißerisch aber deshalb keinesfalls weniger wirksam. Im Gegenteil, die politische Dimension in Michael Jastrams Arbeiten drückt sich in leisen Tönen aus: weder mahnend noch anklagend und trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb aus einer geschichtsbewussten Perspektive mit einem geweiteten Horizont in Zukunft und Vergangenheit.


Die Bildwelt von Jastram wird von Wesen und Dingen bewohnt, die aus einer fernen Zeit zu stammen scheinen. Neben den genannten Fahrobjekten finden wir Hütten auf Radgestellen, Stelzenhäuser und Türme, dann Pferde, Stiere und heute Boote. Vor allem Pferde befinden sich oft in Gemeinschaft von Frauen — stolze Reiterinnen. Eine Neuformulierung von Mythen. Die reichhaltige Welt mythologischer und archetypischer Bilder nährt unsere Phantasie, es geht um das Innehalten, Betrachten und Imaginieren. Wie im Altertum Mythen erzählt wurden, so laden uns Jastrams Skulpturen dazu ein, nach dem Grund des Geheimnisses zu forschen, das ihre Herkunft umhüllt. So wird das ungezäumte Ross mit seiner Reiterin vielleicht zum Spiegel ursprünglicher Sehnsüchte, zum Sinnbild von Werten wie Stolz, Anmut, Freiheit oder erinnert uns an Momente der Einsamkeit und Selbstbetrachtung.